Samstag, 27. April 2013

The Whole Earth via Zines – in Berlin


So Kinder, geht weiter hier. 
Ich war letzte Woche endlich mal wieder etwas bildende Kunst und Kulturgeschichte genießen. Und dies in Form einer Ausstellungseröffnung von The Whole Earth im Haus der Kulturen der Welt. 
Und dies nicht zu letzt, weil ich endlich mal wieder an die Hand genommen wurde. Irgendwie brauche ich das gerade ein bisschen. Nicht selbst ständig die Initiative ergreifen zu müssen. Also bin ich der Einladung von Freunden gefolgt. 
Habe den Diddie Diedrichsen von dicht gesehen, in seinem Gefolge Gina V. D'Orio und Jochen Distelmeyer. Aber dies eine Randnotizen. 
In der Ausstellung geht es, wenn ich das halbwegs richtig verstanden habe, um die verschiedenen Blicke auf die Welt als ein ganzes (welche mit der Fotografie der Erde aus dem Weltall, erst richtig Fahrt aufgenommen hat oder haben soll) und deren politische Implikationen.
Da es eine Eröffnung war, habe ich wirklich nur einen Überblick gewinnen können.
Nicht entgangen sind mir aber die zahlreichen Fanzines, die ausgestellt werden. Hauptsächlich sind die aus den Staaten, was einem Schwerpunkt der Ausstellung geschuldet sein dürfte. Ich kenne jedenfalls auch deutsche Zines im kleinen Zeitungsformat, vor allem aus der Zeit der Studentenbewegung der späten 1960er und frühen 70er Jahre. Insgesamt würde ich jetzt aber mal die These wagen, dass Zines damals und Blogs heute niemals in Deutschland die gleiche Bedeutung erhalten, wie dies in den Staaten der Fall ist. Was ich bedaure.
Wer auch in der Ausstellung immer mal wieder auftaucht ist Raymond Pettibon. Fanzine Fans und Kunstliebhabern dürfte er ein Begriff sein. Und auch ich mag ihn sehr sehr sehr. Was sich auch in meiner Platten-, Fanzine- und Büchersammlung niederschlägt. Wobei ich finde, dass kein Kurator für Gegenwartskunst mehr ohne Pettibon auszukommen scheint, bei der Gefahr, dass sich die Arbeiten ermüden. Und zudem finde ich, dass das Zine eigentlich immer noch der schönste Ort für die Zeichnungen von Raymond sind. Auch wenn dies vergessen zu sein scheint.
So sind auch diesmal keine Zines von ihm zu sehen, dafür die Reproduktion einer Zeichnung, die ganz hier unten zu sehen ist und einen seiner Filme.
Naja, jedenfalls wollte ich euch, die ihr vielleicht nicht in Berlin lebt, die Möglichkeit geben, einen Blick auf die Zines zu werfen, wie sie sich in der Ausstellung darstellen.

Freitag, 19. April 2013

Record Store Day x Das Gift


So ich habe mich entschieden dieses Wochenende in Berlin zu bleiben. Auch weil dieser junge Herr auf dem Foto mich gebeten hat, ihn bei seinem Kassettenverkauf zu unterstützen. D.h. ich bringe wieder diese Pappkiste, ganz links auf dem Foto, mit ins Gift und sage Steffen - so der Name des Mannes auf dem Foto – er soll seine Kassetten nicht zu Schleuderpreisen verkaufen. Da er aber grundsätzlich nicht auf mich hört – wieso auch – habt ihr die Möglichkeit ganz billig tolle Tapes zu schießen oder wahnsinnig teure Sammlerplatten bei mir zu kaufen. Das hatte beim letzten Mal schon ganz großartig geklappt und deswegen sind wir (eher Steffen) auch dieses mal wieder vom Gift eingeladen worden. Also wer morgen Zeit hat und in Berlin weilt, darf sich gerne mit mir im Gift beschäftigen. Es wird ein Traum.

Bei Facebook wird das übrigens so beschrieben:

  • Samstag
  • 15:00
  • Teilweise bewölkt 14°C/5°C
It's record store day and we have some vinyl to giveaway. Buy a drink, get a raffle ticket for the chance to take a lovely record home with you.

Confirmed so far for the giveaway are releases from:
Rock Action Records http://www.rock-action.co.uk/
Mannequin Records http://www.mannequinmailorder.com/

We will also have stalls with records for sale from Awkward Sons and Lird Records...

Awkward Sons specialise in rare, out of print and private press records. They're opening a store in Berlin in the summer, and this should give you a taster of what they'll be stocking. Expect off-the-radar occult psych housed in hand-painted sleeves, boxsets of Japanese amplifier worship, long-lost minimal wave bootlegs, oddball post punk, heavy metal also-rans and some drone inside a repurposed Cuban cigar box.

More details to follow..... including raffle times....

Mittwoch, 10. April 2013

Andrea Bruno – Disappearer

Disappearer von dem Italiener Andrea Bruno ist kein Fanzine im klassischen Sinne, weil dahinter durchaus ein – wie mir scheint – etablierter Verlag Coconino Press steht. Aber trotzdem erfüllt das kleine Heft für mich alle wichtigen Merkmale eines Zines und auch die Reichweite des Verlags dürfte nicht überbordend sein. Andrea Bruno ist hier also an der ganz richtigen Stelle. Bruno erzählt in seinem kleinen Comic keine zusammenhängende Erzählung. Vielmehr besteht das Zine aus einer Aneinanderreihung von einzelnen Bilder, die vom Leser bzw. eher Zuschauer in eine eigene Logik überführt werden müssen. 
Der Verlag vergleicht dies in seinem Klappentext mit den Eindrücken die man bei einer Zug- oder urbaner S-Bahn Fahrt sammelt. Und die Stadt spielt definitiv eine wichtige Rolle in dieser Geschichte. Und die Flüchtigkeit, die der beschriebenen Rezeptionsform der Bahnfahrt entspricht, impliziert auch die zeichnerische Geste Brunos. Die hier gezeigten Bilder zeigen das ganz gut. 
Die zahlreichen, scheinbar losen Formen, die oft nur durch wenige Striche zusammengehalten werden und dadurch ein Bild ergeben. Wenn auch ein bedrückendes. Offen bleibt, ob sich hier das weiß aus dem schwarz schält oder umgekehrt. Beruhigend sind diese weißen Flächen jedenfalls nicht. Vielmehr gleichen sie einem Nebel, von dem man vermutet, eine Person könnte jeden Moment aus ihm heraus treten. Insofern scheint diese Comic wirklich mit fundamentalen Ängsten zu spielen.

Und ich meine, dass Erzählweise und Duktus auch die zwei Punkte sind, wieso ich dieses Heft (2001 veröffentlicht) immer wieder in die Hand nehme. Zum einem Suche ich nach dem roten Faden, der die Geschichte in eine Form bringt und sie soweit erschließen lässt, dass ich endlich das Heft beruhigt weglegen kann. Das ist bisher nicht der Fall. Zum zweiten versuche ich immer wieder der Technik Andrea Brunos auf die Schliche zu kommen. Das ist vlt. peinlich aber die Zeichnungen laden dazu doch ein, zu (hinter)fragen, wie viele der Striche sind dem Zufall überlassen gewesen und welche wurden bewusst gesetzt. Sind die Bilder bereits im Kopf entstanden oder sind sie aus dem Wirrwarr quasi erst geformt worden.
Ich vermute in näherer Zukunft wird es darauf keine Antworten geben. Also werde ich ganz sicherlich auch dieses Mal das Heft nicht das letzte Mal in der Hand gehalten haben.

Webpräsenz Andrea Bruno.
Vertrieb Coconino Press.
Preis 4,13€ (ein nichts)


Mittwoch, 3. April 2013

Dogleather Tape | Stenze Quo Musik


Dogleather ist ein Projekt von Sewn Leather und DJ Dog Dick. Ich habe mir das Tape beim Konzert von Sewn Leather in Bremen gekauft (siehe Clip). Der Preis dürfte bei 5-6€ gelegen haben. Genau kann ich mich aber nicht mehr erinnern. Um diesen Preis herum lässt sich das Tape aber via Discogs beziehen. Das Konzert von Sewn Leather aka Griffin Pyn hat mich total umgehauen und wahrscheinlich ging es fast jedem so, der damals in der Spedition Bremen dabei gewesen ist. Auch wenn die Stimmung – wie fast immer in Bremen – als höflich, zurückhaltend zu bezeichnen wäre. Aber auch das Projekt Dogleather steht dem Auftritt von S. Leather zumindest musikalisch in nichts nach. Das ist nicht immer so mit "Sideprojects". Aber hier macht man keinen Fehler beim Kauf. Ich wundere mich fast ein bisschen über mich selbst, dass ich damals kein Vinyl gekauft habe. Vlt gabs damals keines bzw. ich meine, das es mir so möglich war, gleich von mehreren Musikern des Abends Sachen zu kaufen. Und schick sind sie natürlich auch, so Tapes. Aber ich bin da ehrlich, im Regel- sowie im Zweifelsfall gebe ich der guten alten Schallplatte den Vorrang.
Soviel zu den Allgemeinplätzen. Jetzt zum Fleisch des Hundes.
Dogleather machen LoFi-NoWave. Ich bin mit solchen Kategorien nicht so sicher aber für mich macht das Sinn. In der Musik kommt die Rotzigkeit von Punk und die Lässigkeit von Hip Hop auf den Punkt zusammen. Insofern macht LoFi-NoWave doch Sinn. Ein schrammliger Synth knattert, ein KassettenLoop dreht daneben seine Runden und auf die Vocals wird ordentlich Delay und ein Distortion Filter gepackt. Aber trotz dieser 1980er Referenzen ist das nicht Retro. Selbst wenn das Release mittlerweile ein paar Jahre auf den Buckel hat, ist das immer noch total fresh, um hier mal einen Szene Begriff zu bemühen. Warum läuft solche Musik eigentlich nicht bei Partys oder warum drehen nicht Leute bei solcher Musik wieder richtig ab. Es wird dringend Zeit, für ein ganz ordentliches Stück Entgrenzung, also einer der wenigen Eigenschaften, die man bezüglich der 1980er Jahren wirklich vermissen darf. (Obwohl Entgrenzung auch aktuell seine  Kreise zieht, nur hat sie sich auf den Bereich der Lohn- und Brotarbeit verschoben. Einige Gesellschaftswissenschaftler meinen, dass daran nicht zuletzt die Selbst-Konzepte der kulturellen Avantgarde ihre Schuldigkeit haben. Ich denke darin liegt mehr als ein Funken Wahrheit.
Aber wir kommen wieder ins Allgemeine.Und deswegen abschließend noch einmal zum speziellen.
Wenn das Tape ein Nachteil hat, dann vlt. das es relativ kurz ist (ca. 30 min im Ganzen) und dass die Tracks stärker von einander abgegrenzt sein könnten, so dass ein Tracklisting halbwegs möglich ist. Aber ich vermute das entspricht nicht ganz dem Charakter der Musik. Ob allerdings die Musik tatsächlich in Sessions aufgenommen wurde, wir durch Klang, Mixing und fehlende Tracknamen suggeriert wird, ist längst nicht gesagt. Man wünscht es sich natürlich aber...
Sewn Leather
DJ Dog Dick
Dogleather auf Ehse Records
Dogleather Tape auf Stenze Quo Musik

Sewn (Haile Selassie) Leather in your face (pt.2) from oOswiftnickcarterOo on Vimeo.